Montag, 12. Dezember 2011

Stephan Berndt: Hellseher und Astrologen im Dienste der Macht

Der Autor Stephan Berndt hat mit diesem Buch eine Arbeit veröffentlicht, die vielfach durch eine hervorragende Quellen-Basis auffällt. Da der Abschnitt zu den Hellsehern und Astrologen im Dritten Reich der größte ist, konzentriere ich mich als Beispiel ganz auf dieses Kapitel. Und hier hat Berndt wirklich eine Recherche-Arbeit geleistet, die bisher nicht erreicht wurde, auch wenn sie an wenigen, dafür aber entscheidenden Punkt fehl ging, was noch weiter unten angesprochen wird.
















So bemerkenswert gut und lesbar das Buch gegliedert und geschrieben ist: Schon bei der Definition von Okkultismus, DEM zentralen Schlüsselbegriff des Buches, geht der Autor so fahrlässig wie willkürlich vor, dass man schon hier weiß, dass er allem und jedem "Okkultismus" unterstellen wird. So zitiert Berndt den Brockhaus mit dessen Okkultismus-Definition, Berndts eigene wird demgegenüber als "Sammelbegriff für die Astrologie und die Hellseherei verwendet, also für Methoden der Zukunftsdeutung, die heutzutage von der Wissenschaft abgelehnt werden".
Das hindert den Autor aber nicht daran, zeitgleich im Buch auch die gebräuchlichen Definitionen zu benutzen, wo es für ihn vermutlich von Nutzen ist. So z. B. wenn er S. 263 von der Idee des Okkulten schreibt, dass bestimmte Aspekte so geheim seien, dass auch enge Vertrauenspersonen davon nichts wüssten. Sofern sie nicht Eingeweihte sind, möchte ich hinzufügen. Dies ist eines der zentralen Merkmale des Okkultismus, welches der Autor in der Einleitung erst übergeht und dann später doch wieder öfter verwendet.

Zugleich bemerkt Berndt geistreich, dass unsere Zeit eigentlich voll mit Technik sei, die man vor 400 Jahren weder hätte erklären noch verstehen können. Dabei entging ihm bei dieser Bemerkung, dass die Astrologie selber damals umgekehrt nicht als Okkultismus galt, vielfach wurde sie als Teil der Astronomie gelehrt und praktiziert. Die Astrologie war und ist weder eine Geheimlehre, noch Eingeweihten vorbehalten, auch wenn die englischsprachige Theosophie zwischen 1880 und 1930 bekanntermaßen eine esoterische inspirierte, abgewandelte Astrologie in ihre Anschauungen integrierte. Gleiches gilt für den den neuen Okkultismus ab zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der sich ebenfalls bei der Astrologie bediente und häufig zusammen mit der Theosophie auftrat. Der Autor Ellic Howe, auf dessen Werk URANIAS KINDER sich Berndt so oft bezieht, bringt genau dies ausdrücklich in seinem Abriss zur Astrologie-Geschichte zur Sprache, wenn er  explizit schreibt (S. 117f.) :
"Vor 1914 waren die wenigen deutschen Astrologen entweder Theosophen oder Okkultisten oder beides. Sie betrachteten die Astrologie als eine essentielle hermetische Wissenschaft. Doch die meisten Newcomer [der zwanziger Jahre in Deutschland] interessierten sich weder für Theosophie und deren Sproß Anthroposophie noch für Okkultismus, sondern sahen in der Astrologie eine Wissenschaft..[...]"

Daher stammt das aktuellste Astrologie-Lexikon folgerichtig von einem Astronomie-Historiker und Universitätslehrer, in einem Wissenschaftsverlag erschienen.
Der Autor ignoriert damit die wesentlichsten Elemente des modernen Okkultismus, der dem 19. Jh. und vor allem der Theosophie entstammt. Er ignoriert sie zugunsten eines willkürlichen wie sehr schlichten Okkultismus-Begriffes, bei dem auch das Christentum mit seinem heilsgeschichtlichen Zukunftsplan wie der Marxismus mit seinem teleologischen Geschichtsbild der Zukunft dem Okkultismus zugehören würden.


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Zugleich wird bei Berndt mit "Okkultismus" eine allmächtige, geheime und alles irgendwie erklärende, wenngleich wiederum nicht fest umrissene, aber jedenfalls gefährliche Kraft angeboten, wenn man dem Buch folgt. Atemlos geht es vielfach um die Frage, ob z. B. Hitler nicht richtiger Okkultist war - so, als ob dies alle ungelöste Fragen lösen und manches mehr erklären würde. So spekuliert der Autor in den letzten Zeilen zum Kapitel Drittes Reich sehr freizügig, wo es um das ungelöste Rätsel mit dem Namen Hitler geht und - nach Autor Stephan Berndt -  sogar Hitler-Biograph Fest von einer Art Nichts spreche, dem Hitlers Entschlüsse entsprungen wären. Doch Berndt weiß überraschenderweise, Entschlüsse dieser Art könnten keiner Art Nichts entspringen, wo Hitlers Entschlüsse also her kämen? Das Buch gibt die Antwort...natürlich vom Okkultismus.


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Weiter erkennt man sehr oft, wie selektiv der Autor seine Quellen verwendet - und deutet. Ein schönes Beispiel befindet sich auf S. 139, Berndt zitiert:

"Nachdem die Parteiamtliche Prüfungskommision durch einen Führerverfügung [...] eine erweiterte Verbotsfunktion auf dem Gebiet des Schrifttums erhalten hatte, nutzte sie dies sogleich dazu aus, das astrologische Schrifttum zu schützen und bereits erlassene Verbote, die auf unseren Antrag hin vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ausgesprochen worden waren, wieder aufzuheben."

Berndt meint dazu, der Absatz sei eine Sensation, er würde nicht anderes besagen, als dass Adolf Hitler um die Jahreswende 1940/1941 höchstpersönlich durch eine Führerverfügung dafür sorgte, dass ein Verbot okkulter Literatur (....) von Heß & Co. wieder aufgehoben werden konnte. Doch dies lässt sich schon aus dem abgedruckten Zitat nicht entnehmen. Das Zitat macht deutlich, dass die Parteiamtliche Prüfungskommission einen Führererlass, der ihr eine erweiterte Verbotsfunktion gegeben hatte, AUCH dafür nutzte, einige Verbote astrologischer Literatur wieder aufzuheben. Dass die Parteiamtliche Prüfungskommision mit dem "Führerstellvertreter" & Hitler-Freund Heß gar nichts zu tun hatte, verschweigt Autor Berndt ganz relaxt...Philipp Bouhler, wäre der passende, aber eben nicht an Hitler nahe genug reichende Name gewesen.

Doch zitiert ja Berndt nicht vollständig, es fehlt ein kleiner Zusatz, den er durch [...] kennzeichnet. Diesen Zusatz habe ich selber online beim Bundesarchiv nochmals überprüft, Berndt gibt das Bundesarchiv als Online-Quelle samt Akten-Nr. an, im Buchanhang findet sich ebenfalls der Text. Das Zitat lautet vollständig:

"Nachdem die Parteiamtliche Prüfungskommission durch eine Führerverfügung, die wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem neuen Auftrag der Reichsstelle für das Schul- und Unterrichtsschrifttum steht, eine erweiterte Verbotsfunktion auf dem Gebiet des Schrifttums erhalten hatte, nutzte sie dies sogleich dazu aus, das astrologische Schrifttum zu schützen und bereits erlassene Verbote, die auf unseren Antrag hin vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ausgesprochen worden waren, wieder aufzuheben."
Mit dem vollständigen Zitat wird klar, dass die sehr gewollte Deutung dieser Zeilen durch den Autor erst recht keinerlei Grundlage gehabt hätte/hat. Hat Berndt deswegen den 2. Teilsatz ausgelassen?


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Ein weiteres Beispiel von zahllosen anderen Beispielen dafür, wie der Autor Zitate und Quellen fast beliebig einsetzt, um seinen Okkultismus-Verdacht um fast jeden Preis zu belegen, findet sich auf den Seiten 213 - 219 des Buches von Berndt. Er zitiert auf S. 213-214 zunächst einen Historiker, der wiederum aus einem Tagebucheintrag vom 15.4.1945 eines sehr hohen Nazis (von Krosigk) zitiert, welcher von Treffen mit Goebbels berichtet. Goebbels habe Hitler, so von Krosigk, einige Tage zuvor besucht und aus einem Buch vorgelesen, um Hitler angesichts der fast aussichtslosen Lage zu trösten. Der Historiker zitiert von Krosigk weiter:

"Sie besprachen die Sache hin und her und ließen sich im Verlaufe der Unterhaltung zwei Horoskope kommen, die in einer von Hitlers Forschungsabteilungen sorgfältig aufgewahrt wurden: Das am 30. JANUAR 1933 gestellte Horoskop des Führers und das Horoskop der Republik, datiert 9. Nomber 1918."
Das Zitat geht noch weiter und ist der Aufhänger einer seitenlangen Spekulation des Autors zum Okkultismus Hitlers, seiner Astrologie-Nähe und möglichen supergeheimen, persönlichen Astrologen Hitlers. Diese Spekulation wird als "Beweis" offeriert, auf Basis von Wort-Deutungen und Schlussfolgerungen wie Verdrehungen der zitierten Zeilen.

Und erst auf Seite 218 zitiert Berndt aus einem Tagebuch-Eintrag Goebbels vom 30.3. 1945 zum gleichen Thema:

"Mir wird umfangreiches Material zur Einleitung einer astrologischen oder spiritistischen Propaganda voergelegt, unter anderem auch das sogenannte Horoskop der Deutschen Republik vom 9. November 1918, wie auch das Horoskop des Führers. Beide Horoskope stimmen in frappierender Weise überein. Ich kann verstehen, dass der Führer die Beschäftigung mit solchen unkontrollierbaren Dingen verboten hat."
Ellic Howe, aus dessen Buch URANIAS KINDER der Autor öfter zitiert und auf den er sich häufig bezieht, bringt die beiden Zitate in der zeitlich richtigen Reihenfolge, erst Goebbels Eintrag vom 30.3.1945, dann den Tagebuch-Eintrag von Krosigks vom 15.4.
Howe wie Berndt erkennen, dass die Notiz vom 30.3. die gleichen Horoskope meint, wie die Tagebuch-Notiz vom 15.4.1945. Berndt ignoriert allerdings alle weiteren Details von Goebbels' Eintrag. Aus Goebbels Eintrag wird unmittelbar erkennbar, dass die beiden Horoskope TEIL umfangreichen Propaganda-Materials waren. Sie stammen also aus Goebbels Propaganda-Ministerium, Goebbels war ja Propaganda-Minister.
Das wird auch im 2. Teil des Tagebuch-Zitates von Goebbels im Buch des Autors deutlich, denn, so Goebbels im Zitat beim Autor, "für mich sind solche astrologischen Weissagungen ohne jeden Belang; aber ich habe doch die Absicht, sie für anonyme und getarnte Propaganda in der Öffentlichkeit zu benutzen, [...] ."
Und wie Berndt selber schreibt, hat der Astrologe u. Nostradamus-Forscher Krafft 1942 für eine der vielen Abteilungen des Propaganda-Ministerium gearbeitet. Zusammen mit einem weiteren Astrologen, F.G. Goerner, was Berndt allerdings verschweigt, wie er überhaupt die offensichtliche Herkunft der beiden Horoskope ignoriert. Goerner wie Krafft hatten zusammen Horoskope und Horoskopdeutungen für Propaganda-Zwecke zu erstellen. Höchst wahrscheinlich stammen die beiden oben genannten Horoskope von ihnen, samt den separat angefertigten Deutungen. Diese separate Deutung erwähnt von Krosigk in seinem Tagebuch-Eintrag ausdrücklich und notiert, dass DIE ALLERDINGS ERST JETZT ERFASST IST. In der Tat, die Deutungen wurden erst rund zweieinhalb Jahre vorher erstellt, nicht 1933.


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Soweit in aller Kürze wenige Beispiele von zahllosen anderen, wie - manipulativ, fahrlässig ? - der Autor mit seinen wunderbar recherchierten Quellen arbeitet.
Noch eines: S. 181 schreibt Berndt, dass seit der Reichskanzlerschaft Hitlers ab Januar 1933 vermehrt Horoskope erschienen wären, allerdings mit unterschiedlichen Geburtszeiten und Aszendenten. Weiter wörtlich: "Da Hitlers genaue Geburtszeit unbekannt war, [...]".
Das trifft nicht zu. Schon 1924 wurde sie durch Elsbeth Ebertin veröffentlicht, in einer Schrift, auf die sich Berndt mehrfach als Quelle bezieht, STERNENWANDEL UND WELTGESCHEHEN, S. 9. Entweder hat Berndt einfach nur bei Elic Howe abgeschrieben, ohne STERNENWANDEL selbst in der Hand gehabt zu haben, oder hat schlampig recherchiert oder überging absichtlich diese Information. Jedenfalls war Hitlers genaue Geburtszeit vor 1933 bekannt, siehe diverse Astrologie-Artikel in diversen Zeitschriften. Allerdings korrigierten einige Astrologen die Geburtszeit z. T. erheblich, je nach eigenem Glauben und Wollen.


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Der "okkulte" Hintergrund Hitlers, von Heß und Himmler:
Wenn Berndt unter anderem seine Quelle Elic Howe seriös benutzt und selber weiter recherchiert hätte, so hätte Berndt auch gewusst bzw. geschrieben, dass sich die NSDAP der 1920er Jahre in München auch aus dem Umfeld einer völkischen Ideologie gespeist hat. Namentlich auch aus dem Umfeld der Thule-Gesellschaft und den Artamanen. Sowohl bei Thule wie Artamanen fanden sich unter anderem gewisse esoterische, theosophische bzw. ariosophische (Arier-Ideologie, Hakenkreuz!) Anschauungen. Heß war Thule-Mitglied, Himmler bei den Artamanen, wie auch Höß und Darré. Und sogar Alfred Rosenberg wie von Schirach sprachen 1929 auf dem Reichsthing der Artamanen....Statt unablässig das vielseitige Schlagwort "Okkultismus" zu verwenden, hätte Berndt formulieren können, dass die Ariosophie einer der ideologischen Hintergründe der frühen NS-Bewegung gewesen war. Das hätte sich nur nicht so mysteriös-gefährlich angehört?

Geistes- und astrologiegeschichtlich bietet mir Berndt viel zu wenig Substanz, er hat sich rätselhafterweise ohne weitere Auseinandersetzung und vertiefte bzw. nennenswerte Kenntnis der Geistesgeschichte, der Geschichte von Astrologie, Theosophie oder Okkultismus und Ariosophie weitgehend "verspekuliert" . Mit umfassenden Einsatz, gekonntem Aufbau und Schreibstil, verbunden mit großem Recherche-Aufwand, hat er ein vielfach fährlässiges Buch geschrieben. Eines, das in unübersehbar "naiver" Art.....ja....."manipulieren" bzw. zu offenkundig "lenken" möchte und daher weitgehend nutzlos geworden ist.  Dabei hätte Stephan Berndt spürbar so ziemlich alle Fähigkeiten zum hervorragenden Sachbuchautor - wenn er nicht seiner fixen Idee vom Okkultismus gänzlich alles unter geordnet und zuviel geopfert hätte.

 

Mittwoch, 30. November 2011

Böhmig /Dörfert (Hrsg.): Astromedizin Heute, Ansätze und Perspektiven


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Im Juli 2008 organisierte die Berliner Regionalstelle des Deutschen Astrologenverbandes einen 1. Fachtag Astromedizin, die dort gehaltenen Vorträge wurden in Buchform 2009 veröffentlicht. Die beiden sehr engagierten und qualifizierten Initiatorinnen Birgit Böhmig und Petra Dörfert versammelten für einen Tag ausgesprochen qualifizierte astromedizinische Fachleute.




Die abgedruckten Beiträge beginnen mit dem Vortrag von Birgit Böhmig zum Bereich Astromedizin und Homöopathie, ihr folgt Olaf Koob, ein Arzt, mit seinen Bemerkungen zu Astrologie in Verbindung mit Alchemie, anthroposophischer Medizin und fernöstlichen Perspektiven. Christian Klee wiederum referiert seine astromedizinischen Erfahrungen und Kenntnisse entlang seiner weiterentwickelten Zuordnung von Körperregionen und Organen zu den Häusern eines Geburts-Horoskopes. Einen Ausflug in ganz klassische Grundlagen und Methoden der Astromedizin unternimmt anschließend Monika Heer, es sei hier das sogenannte Decumbitur, ein Horoskop für den Zeitpunkt meist des Krankheitsbeginns genannt, wenn Monika Heer dennoch auch mit den Transsaturniern arbeitet. Der letzte Vortrag, von Petra Dörfert, widmet sich den Transiten der laufenden Planeten zu Geburtshoroskopen in Zusammenhang mit Genese und Therapie von Krankheiten. Das Buch endet mit zwei anderweitig schon abgedruckten Artikeln, einmal zum Bereich mundanastrologischer Perspektiven auf das (deutsche) Gesundheitssystem (Böhmig), der andere Beitrag geht auf die auch in diesem Band selber zutage tretenden astromedizinischen Zuordnungsdifferenzen ein. Ein Verzeichnis astromedizinischer Literatur rundet die Publikation ab.




Ausdrücklich sei allgemein festgehalten, dass dieses Buch KEIN astromedizinisches Lehrwerk darstellt, wie es auch nicht beabsichtigt war, dafür aber sehr lehr-, facettenreich und anregend wirkt. Die Vorträge sind entsprechend kurzweilig gehalten, sehr fundiert und bestechen natürlich durch die Klientenbeispiele in jedem Vortrag, zumal nicht einfach das Vortragsmanuskript selber abgedruckt wurde, sondern der tatsächliche Vortrag samt den Fragen und Beiträgen aus der Zuhörerschaft. Ein merklicher Zugewinn. Die Kompetenz und reiche Erfahrung der Vortragenden sind substanziell spürbar, der Band wird besonders für astromedizinisch Interessierte eine lohnenswerte Lektüre darstellen. Gut erkennbar sind die recht verschiedenen Zugänge zur Astromedizin, wenn man Monika Heers traditionelle Vorgehensweise via Decumbitur und den dadurch angezeigten Krisen und Verläufen z. B. mit der anthroposophischen geprägten Astromedizin beim Arzt Olaf Koob vergleicht, wie man auch bemerkt, dass die schon angesprochenen unterschiedlichen Zuordnungen zu Planeten und Tierkreiszeichen in den Vorträgen erkenntlich werden. Die klassischen Überlieferungen, die schon selber nicht durchgängig homogen sind, differieren dann doch von den modernen Zuordnungen z. T. deutlich, wenn z. B. klassisch die Lunge dem Krebs/ dem 4. Haus zugeordnet wurde, man heute andererseits modern die Lunge meist ganz selbstverständlich Merkur, dem 3. Haus oder den Zwillingen zurechnet. Auch aus dieser Sicht kann und will das Buch kein Lehrwerk darstellen, es dokumentiert dafür spannend die verschiedenen Zuordnungen, Methoden und Zugänge zur Astromedizin, deren bekanntester deutschsprachiger Vertreter lange Jahre Reinhold Ebertin war.



Das Literaturverzeichnis am Ende des Buches möchte ich ausdrücklich loben für seine umfassende Übersicht und Quellenkenntnis, die auch das klassische Werk zur Decumbitur-Deutung von Nicholas Culpeper erwähnt, welches seit über 300 Jahre zum Gebrauch herangezogen wird. Der Impuls, eine astromedizinische Fachtagung auszurichten, hat dauerhaft Früchte getragen, denn im Juli 2010 wird nun zum dritten Mal in Berlin der Fachtag Astromedizin von Petra Dörfert und Birgit Böhmig im Rahmen der DAV-Sektion Medizin & Astrologie ausgerichtet.

  (Erstveröffentlichung im Meridian Juli/August 2010)

Donnerstag, 24. November 2011

Reinhold Ebertin: Kombination der Gestirneinflüsse



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Die "Kombination der Gestirneinflüsse" zählt zu den bedeutenden Longsellern am Astrologie-Markt. Das Buch ist in den letzten 25 Jahren etwas in den Hintergrund getreten, nachdem eben auch die Generationen aussterben, die mit Reinhold Ebertins Werken noch Astrologie gelernt haben, seine Veröffentlichungen zu seinen Lebzeiten rezipiert haben. Doch hat das Werk genug Substanz wie Erfahrung und psychologischen Entsprechungen für zahllose Planeten-Kombinationen, wie man rasch merkt, wenn man die zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten der Planeten durchgeht, auch in Verbindung mit AC, MC und Mondknoten.


Speziell die Deutungen des AC, dem MC wie des Mondknoten folgen etwas anderen Perspektiven wie in der "herkömmlichen" Astrologie. Hier bemerkt man die Ausrichtung der Ebertinschen Kosmobiologie deutlicher wie auch die Anleihen bei der Hamburger Schule, die meiner Meinung nach Astrologieinteressierten weitere Facetten der Deutung öffnen und bereichernd wirken.

Doch unabhängig davon besticht der Titel immer noch durch bemerkenswert vielschichtige Deutungen der kombinierten Planetenenergien, sowohl auf menschlich-psychologischer, soziologischer, körperlicher, organischer wie Ereignis-Ebene. Der Vorteil der knappen Charakterisierungen sticht natürlich ins Auge, wenn man dadurch erstens die "Kernkompetenzen" oder "Kernzuständigkeiten" der Kombinationen und zweitens in den verschiedenen Erlebnismöglichkeiten gut begreift und erkennt.

Mit Ebertins KdG wird man zugleich angeregt, sich doch mal mit den Halbsummen zu beschäftigen - man kann sie ja sofort in allen Variationen nachschlagen und recht wahrscheinlich erstaunlich zutreffende Deutungen finden. Das überzeugt.

Nun werden nicht nur die Planeten kombiniert, alle werden einzeln dargestellt, für sich wie in den Zeichen und Häusern, systematisch und klar formuliert. Gleiches trifft für AC, MC und Mondknoten zu. Eine längere Einleitung mit allgemeinen Überlegungen zu Astrologie, Mensch und Astrologiegeschichte und -entwicklung korrespondiert mit dem Anhang, der mit Ausführungen zur kosmobiologischen Praxis und ähnlichen Planetenstrukturen in Horoskopen den Band abschließt.

Ein Astrologie-Buch für Einsteiger wie für PraktikerInnen und Erfahrene. Sehr empfehlenswert.

Freitag, 18. November 2011

Nicolaus Klein: Die Systematik des astrologischen Häusersystems


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Das fast schon faszinierende Deutungswerk von Klein zur Häusersystematik hat auch nach gut 20 Jahren seit Veröffentlichung einen bislang nicht verblassten Deutungshorizont aufgetan, den man als bemerkenswerten Entwurf einer strukturellen Deutung des Geburtshoroskopes in Erinnerung behält nach der Lektüre.

Wesentliche Bausteine sind zum einen die Quadrantenlehre, die an Döbereiner erkennbar angelehnt ist, zum anderen das sogenannte Häusermandala, bei dem man sich die Häuser und damit das persönliche Entwicklungspotential als Aufwärtsspirale durch den Häuserkreis vom Aszendenten bis zum 12. Haus vorstellen darf.
Die nächste Bewusstseinsebene führt nun erneut durch den Häuserkreis, die Häuserenergien nun "erlöster" lebend (durchaus wieder eine Döbereiner-Floskel). Man durchschreitet damit verschiedene Verwirklichungsebenen und -möglichkeiten.

Konkret: Klein deutet z. B. einmal bei der Stellung des Herrscher des 2. Haus im 11. Haus das 11. als das 10. Haus vom 2. Haus aus und formuliert folgenden Satz: "Wo Besitzdenken (2) zur Norm wird (10), kommt es zur Revolution (11. Haus)". Die zweite Variante zum 2. und 11. Haus deutet das 2. als das 4. Haus vom 11. Haus aus betrachtet und formuliert die Beziehung nun so: "Gruppen (2) sind die Familie (4) für Außenseiter(11)." Dem voraus gehen wunderbare und schlüssige Deutungen und Analogien zu allen zwölf Horoskop-Häusern, eben mit der Teilung nach abstrakter, erlöster und unerlöster Qualität und Energie des Hauses.


Klein kreiert damit lesenswerte und sehr prägnante Verbindungen und Deutungen allein nur zu den Häuserverbindungen. Ohne überhaupt auch nur einen Aspekt zu berücksichtigen.
Für mich ist das Werk eine seit vielen Jahren bewährte Deutungs- und Inspirationshilfe.

Reinhardt Stiehle (Hrsg.): Rätsel Chiron


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1985, also vor bald fünfundzwanzig Jahren, erschien das erste Werk zu Chiron, der 1977 entdeckt worden war, in deutscher Sprache. Mit Zane B. Steins Chiron", jenem Werk, begann wesentlich die Rezeption im deutschsprachigen Raum. An dieses kleine Jubiläum wird nun mit dem Titel Rätsel Chiron" erinnert. Reinhardt Stiehle, der Herausgeber des Werkes, veröffentlicht die Positionen einer illustren Schar von Astrologen und Astrologinnen zur Deutung und Bedeutung des Kentauren Chiron für diese Autoren. Versammelt wurden Persönlichkeiten wie Dr. Baldur Ebertin, Melanie Reinhart, Karen Hamaker-Zondag, Eric van Slooten, Dr. Bernhard Firgau bis hin zu Brigitte Hamann.

Chiron, wie gesagt 1977 entdeckt, bildet inzwischen einen recht unbestrittenen Deutungsfaktor bei einer beachtlichen Anzahl westlicher AstrologInnen. Damit hat der Kentaur eine bemerkenswerte Karriere in der astrologischen Community zurückgelegt, doch diese Karrierelaufbahn bot und bietet durchaus recht verschiedene Zugänge und Interpretationen zum Wesen, zur Wirkung von Chiron. Genau das wird durch die Texte der Autoren deutlich und war auch Absicht des Herausgebers Reinhardt Stiehle.

Hatte z. B. der Pionier der Chiron-Deutung, Zane B. Stein, den Zugang vor allem über die astronomische Position Chirons als sich wandelnder Einzelgänger und Mittler zwischen der Sphäre von Saturn und Uranus, zwischen sichtbarer, bekannter, konservativer und überlieferter Welt im bekannten System mit seinen Zwängen und Grenzen und neuer (geistiger, immaterieller) Horizonte und revolutionärer Impulse und Bewegungen gedeutet, so spielten später, verstärkt ab den 1990er Jahren die mythologischen Überlieferungen aus der griechischen Antike eine Rolle. Besonders die Deutung Chirons als verletzten Heiler wurde einer der Standart-Zugänge.

Eine weitere Facette möglicher Zugänge galt der scheinbaren Verstoßung Chirons durch seine Mutter wegen seines Mischwesens, verbunden mit der Flucht seines körperlichen Vaters Kronos, so dass man die Möglichkeit früher seelischer Verletzungen betont. Und gerade die Mythologien zu Chiron bieten natürlich noch weitere Sichtweisen, wie die des Lehrers und Weisen, oder des Wesens zwischen animalischer Körperhälfte und Triebhaftigkeit und der geistigen Welt und Kraft des Menschen, wie die Arbeiten der versammelten Astrologen im Band verdeutlichen. Oder die des unsterblichen, aber auch unheilbar verwundeten Chiron, der nur durch seinen Tod dem eigenen Leiden entgehen kann und diesen mit der Erlösung des Prometheus verknüpft. Verschiedene Sichtweisen sind also möglich und haben sich auch schon aneinander abgewechselt, wie neben R. Stiehle Christoph Schubert-Weller erhellend in seinem Beitrag aufzeigt.

Eric van Slooten darf aus mehr klassischer Astrologie-Sicht seine Skepsis in seiner Arbeit formulieren, und schreibt, dass ihn die Vielzahl der Chiron-Deutungen nicht überzeuge. Und doch, gerade Eric van Slooten hat seine persönlichen, markant-symbolischen Erlebnisse mit Chiron, wie er anhand der auffallenden Transit-Positionen bereitwillig darlegt, als er sich doch endlich - leicht widerwillig - mit ihm beschäftigt.

Tatsächlich, zwischen seinem Text und dem Beitrag z. B. von Melanie Reinhart, die fast das ganze Spektrum Chirons als Kentaur, als Verstoßener, als Mischwesen, als astronomisch veränderlicher Mittler zwischen Saturn- und Uranus-Sphäre bis hin als Herrscher über die Gesundheitswelt des Tierkreiszeichens Jungfrau in ihrer Arbeit mit Chiron berücksichtigt, liegen Welten. Diese Welten werden in dieser Art Jubiläums-Band für die Chiron-Rezeption vorzüglich durch die so verschiedenen Perspektiven und Arbeiten der beteiligten Astrologen und Astrologinnen sicht- und wohl auch fruchtbar für die eigene Sicht auf Chiron, der inzwischen zur neu geschaffenen astronomischen Klasse der Kentauren gehört, zusammen mit so spannenden Himmelskörpern wie Pholus und Nessus.

Ein gelungener Band, der eine Übersicht zu Chiron und seinen vermuteten und möglichen Wirkungen ermöglicht, wie man sie in dieser Breite und Konzentration natürlich nicht so schnell wiederfindet. Reinhardt Stiehle, eben der Verleger des ersten Chiron-Titels deutscher Sprache und Chef des nach Chiron benannten Verlages, hat mit diesem Werk die Weite und Breite der Chiron-Rezeption zu einem würdigen Band für das kleine, angesprochene Jubiläum zusammengefasst.

(Rezension in der astrologischen Zeitschrift Meridian erstveröffentlicht, Heft 2 März/April 2009)

Freitag, 4. November 2011

Brandler-Pracht: Die Stundenastrologie



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Bereits in der Einleitung geht BP auf die Gestirnstunden ein, heute bekannt als Stundenherrscher, denn: ein harmonisches Verhältnis zw. AC- und Stundenherrscher bei der Terminwahl (Elektion) ist von großer Bedeutung. Der Begriff Elektion ist im Band Die Stundenastrologie weiter gefasst wie der heutige, er umfasst die stundenastrologische Fragebeantwortung, die Deutung von Horoskopen auf den Beginn von Ereignissen und Handlungen wie auch Hinweise auf günstige Konstellationen für bestimmte Vorhaben.

Sehr erhellend sind die vielfältigen Berufs-/ Personenzuordnungen zu den Planeten, die ausdifferenzierte Häuserbedeutung und Deutung der Generalsignifikatoren nach Planet, seiner Zeichenposition, Art der Aspekte und aspektierenden Planeten. Die eigentliche Terminwahl geschieht bei BP eher nach Eignung der Stundenherrscher, ihrer Stärke im Wochen- und Jahresverlauf. BP streift erfreulicherweise die alte Methode des Decumbitur-Horoskopes, das für den Krankheitsverlauf aufgestellt wird und eine differenzierte Analyse der Krankheit und des Krankheitsverlauf ermöglichen soll.

Für die Terminwahl wie auch stundenastrologische Deutung zieht BP zudem die "tattwischen Einflüsse" heran, worunter man in diesem indischen Konzept die fünf Bewegungsformen des Universaläthers versteht. Zusammen mit den Stunden- und Tagesherrschern, in Verbindung mit der Stärke der betroffenen Planeten im Geburtshoroskop werden weitreichende Aussagen möglich. Fazit: Ein vielschichtiges Werk, das in relativ knappen Seiten eine Fülle von Deutungs-Kriterien und -möglichkeiten darlegt. BP überzeugt souverän in Methode, Erfahrung, Präzision, Sprache, Deutung und glänzender Kenntnis.

Sonntag, 30. Oktober 2011

Claudia von Schierstedt: Astrologische Terminwahl



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Claudia von Schierstedt gelang es mit diesem schmalen Band, die Leistungen einer passenden Terminwahl gut lesbar wie verständlich darzustellen.
Die übersichtliche, konzentriert gehaltene Einleitung in die Herkunft, Grundlagen und Elemente der Elektions-Horoskopie liest sich sehr gut und kann auch Anfängern der Astrologie ausgesprochen nützlich sein.

Dabei bedient sie sich dankenswerterweise einer moderneren, vereinfachten Stundenastrologie, wenn z. B. bei der Rezeption zweier Planeten nur die essentiellen Würden via Zeichenherrschaft, Domizil, Exil, Erhöhung und Fall, ohne Dekanate, Gesicht, Triplizität etc. berücksichtigt werden.

Die Beispiel-Horoskope, u. a. aus den Bereichen Heirat, Operation oder Wohnungssuche, werden ggf. auch in Beziehung zu den astrologischen Anlagen in den Geburtshoroskopen der Fragesteller gesetzt - wie von Schierstedt gut nachvollziehbar begründet - und wirken so unterhaltsam und typisch wie sie auch ausgezeichnet die Anwendung der Elektions-Astrologie demonstrieren und vermitteln. Der Lerneffekt ist groß und rasch erreicht.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Dane Rudhyar: Astrologie und Psyche

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Astrologie und Psyche, eines der letzten Veröffentlichungen aus den 1970er Jahren von dem bedeutenden Psychologischen Astrologen Dane Rudhyar, gibt es in dritter Auflage auf deutsch, was die fortwährende Nachfrage seiner Bücher anzeigt. Rudhyar hat astrologische Werke geschrieben, die dank ihrer spirituellen Perspektiven, Substanz haben und bei zeitlos bis modernen Fragestellungen kaum Patina angesetzt haben.

Astrologie und Psyche lässt erfahren, warum das so ist. Zu Beginn setzt sich Rudhyar mit den drei bekanntesten Vertretern der Tiefenpsychologie - Freud, Jung und Alfred Adler - sowie ihren Werken kenntnisreich auseinander. Das gelingt ihm mit verständlichen Worten und treffenden Skizzen, die die wesentlichen Positionen der drei schön darstellen. Immer mit Blick auf ihr dahinter liegendes Menschenbild und dem seelisch-menschlichen Entwicklungspotenzial, das Rudhyar so wichtig ist. Dass Jung und seine Anschauungen in dieser Hinsicht am meisten Potenzial bieten, kann man mit Rudhyars Ausführungen sehr leicht nachvollziehen. Gleichzeitig wird auch sichtbar, wie befruchtend gerade Jungs Ansätze für eine zeitgemäße, psychologische Horoskop-Deutung wurden und immer noch sind.

Im Anschluss daran widmet Rudhyar den psychologischen Menschen- und Lebensentwürfen von Fritz Künkel, Jakob Moreno und Roberto Assagioli lesenswerte Kapitel. Diese drei Persönlichkeiten dürften inzwischen weniger bekannt sein. Besonders Assagioli wurde z. B. für eine bekannte, astrologische Richtung oder Schule (die Huber-Schule) wichtig und kann uns mit dem komplexen, spirituellen und tiefenpsychologischen Horizont seiner Lehren bedeutende Hilfestellungen geben, wie Rudhyar schildert.

Was ist das Selbst? So fragt Rudhyar später an zentraler Stelle, wo es um die Kriterien und Möglichkeiten einer sogenannten integralen Psychologie geht, die die Basis bildet für die Selbsterziehung, entlang des astro-psychologischen Ansatzes im Sinne Rudhyars. Ab diesen Seiten entwickelt das Buch teilweise geradezu therapeutische Qualitäten. Zuvor klärt Rudhyar, wie weit ein Geburtshoroskop geht und was es eigentlich festlegt. Es gibt - so Rudhyar - Strukturen vor, es symbolisiert zugleich eine Art besonderer Archetyp. Es legt aber nicht fest, WIE diese ge- und erlebt werden. Dieses WIE kann - nach Rudhyar - entscheidend mit der Astrologie geformt werden, wo sie die Persönlichkeitsentwicklung bewusst begleitet.

In überraschend eindringlichen Kapiteln stellt sich Rudhyar den Chancen und Gefahren der von ihm entworfenen Selbsterziehung. Man spürt und liest zwischen diesen Zeilen seine intensiven Auseinandersetzungen mit falschen Gurus, fatalen Verführern jeder Art des 20. Jahrhunderts und faulem, auch spirituellem Selbstbetrug, mit der Flucht vor sich selbst oder der eigenen Krise. Dies sind die Buch-Abschnitte mit therapeutischen Qualitäten.

In weiteren Kapiteln führt uns Rudhyar anschaulich in die grundlegenden Mysterien von Schlaf und Traum und vertieft die herausragende Bedeutung der Wendepunkte des menschlichen Lebens. Diese entstehen entlang der Mondknoten-, Saturn- wie Jupiter und Uranus-Rhythmen, die sich an gewissen, zeitlichen Schnittpunkten des Lebens kreuzen - und große Chancen zur Veränderung bieten.

Die Funktion bzw. die Botschaft und Bewältigung von Krisen werden nochmals gesondert behandelt. Der Fokus liegt dabei auf einem spirituell-kosmischen Verständnis von Neptun und Uranus, die Rudhyar im Wesentlichen als jene Planeten betrachtet, welche die traditionelle, materiell-sichtbare Welt Saturns mit seiner geistig-spirituellen Begrenztheit überwinden und auflösen. Dies passiert vor allem im herkömmlichen, menschlichen Leben, wo sich das kleine Ich-Ego in den Sicherheiten und Grenzen Saturns (zu sehr) eingerichtet und verankert hat. Bis Neptun und Uranus einwirken, wie Rudhyar sinngemäß meint.

Astrologie und Psyche wirkt aktuell, auch wenn die spirituellen wie psychologischen Auseinandersetzungen und Lehren längst nicht mehr den Stellenwert haben, wie noch mitten im 20. Jahrhundert. Wo das Konzept der Selbsterziehung inzwischen manchmal etwas angegraut wirken kann - die spirituelle Kraft und die psychologischen Fragestellungen Rudhyars sind es nicht, und führen mitten in die Herausforderungen oder Chancen des modernen Da- und Bewusstseins.

Freitag, 14. Oktober 2011

Liz Greene: Jenseits von Saturn


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Nach rund 30 Jahren können astrologische Werke ziemlich veraltet wirken. Drei Jahrzehnte später merkt man meist deutlich den zwischenzeitlichen Abstand vom damaligen Zeitgeist und Horizont. Oft wirken schon die Sichtweisen auf viele Dinge altbacken, düster oder auch viel zu optimistisch. Liz Greene wagte 2005 die Neuauflage von „Jenseits von Saturn. Die äußeren Planeten und ihre Zyklen“, einem Werk, in dem Vorträge von 1980 im Jahre 1983 veröffentlicht wurden. 2009, weitere Jahre später, wurde die Neuauflage endlich auch in deutscher Sprache auf den Markt gebracht.

Der Mut hat sich gelohnt, wenn auch manches überholt wirkt, wie Liz Greene selbst im Vorwort der Neuauflage nüchtern bemerkt. Der Großteil der Deutungen und Aussagen hat jedoch seine Gültigkeit und Frische bewahrt, wie man bald erkennt. Und dies zeichnet ein klassisches, grundlegendes Werk - jenseits allzu großer Nähe zum Zeitgeist - aus. Für die Neuauflage wurden - wo notwendig - zahlreiche Anmerkungen, Deutungen und Horoskop-Korrekturen hinzugefügt. Zwei zusätzliche, astrologische Texte, aus den Jahren 2000 und 2001, wurden angehängt. Ein sehr erhellender, zu den Aspekten zwischen den Generationen, z. B. einer Familie. So führt etwa der Geburts-Uranus der Tochter im Quadrat zum Mond der Mutter zu einer Konfrontation der Mutter, mit den kollektiven Kräften einer ganzen Generation. Jenseits der sonstigen, individuellen Herausforderungen mit der Tochter. Und ein weiterer Text deutet den Pluto-Chiron-Zyklus, was jedoch nicht ganz so nützlich und überzeugend wirkt.

Zwischen diesen Anhängen und dem Vorwort gibt es einige astrologische Glanzpunkte: Die Einführung zu den äußeren Planeten im ersten Kapitel – Uranus, Neptun und Pluto – hat weitestgehend ihre inhaltliche Stimmigkeit behalten. Bemerkenswert sind allemal die mehrheitlich sehr pessimistischen Zukunftseinschätzungen der Vortragsteilnehmer, die vielfach auf Deutungen zu bestimmten, gravierenden Konstellationen in den 1980er und 1990er Jahren beruhten. Von ihnen setzte sich Liz Greene spürbar ab, ihre Vorsicht und Skepsis gegenüber allen Endzeit- und Weltkriegs-Visionen der damaligen Zeit kann man als Zeugnis ihrer ausgeprägten Unabhängigkeit, Realitätsnähe und astrologischen Urteilsfähigkeit betrachten.

In den beiden folgenden Kapiteln werden einerseits verschiedene Deutungen, z. B. zum Waage-Pluto, zur Entdeckung der äußeren Planeten sowie Chiron – hier in Verbindung mit der Alternativmedizin – und einiger persönlicher Planeten, wie Sonne oder Saturn im Aspekt mit den äußeren Planeten geboten. Andererseits werden mit den Horoskopen berühmter Persönlichkeiten die Wirkungen einiger Konstellationen plastisch und nachvollziehbar vorgestellt. Ob Uranus-Neptun (Marx), Sonne-Uranus (Freud, Jung) oder Uranus-Pluto, zuletzt in den 1960er Jahren.
Das mundan wie kollektiv, astrologische Highlight des Buches versammelt sich aber im Abschnitt zur Uranus-Neptun-Konjunktion und der damaligen UdSSR. Mit Erstaunen verfolgt man Greenes detailliert entwickelten und zutreffenden Deutungen zur Zukunft der Sowjetunion, anhand des Gründungshoroskops. Auch, wie sie die sogenannte "Große Konjunktion" von Saturn und Jupiter sowohl in die kollektiven Archetypen übersetzt und zugleich mundanastrologisch zutreffende Prognosen formuliert, ist anregend wie verblüffend. Ebenso ihre Ausführungen zu den äußeren Planeten im täglichen Leben oder im Zusammenhang mit den Elementen.

Der letzte Abschnitt widmet sich den sogenannten "Astrologischen Zeitaltern", wie dem Fische- oder Wassermann-Zeitalter. Ihre vorsichtige, realitätsnahe Skepsis gegen allzu große, globale Entwürfe der Zukunft – ob optimistisch oder pessimistisch – entwickelt aber doch substanzielle Deutungen für mögliche Entwicklungen. Wie so oft mit geschichtlichen und mythischen Ausflügen und Verknüpfungen.
In allen Abschnitten finden sich immer wieder sehr bereichernde Deutungen von Staatshoroskopen, die das Verständnis beträchtlich vertiefen. Greenes, von den Archetypen und Mythen geprägte Psychologische Astrologie, vermag es ausgezeichnet, uns die grundlegenden, seelischen Erfahrungen, Triebkräfte und Qualitäten eines Staates, einer Staatsbevölkerung, eines Kollektivs, darzulegen. Ungemein aufschlussreich ist z. B. die Deutung des Staatshoroskop der USA, das man so bisher wohl selten betrachtet hat.

Meine persönliche Bilanz: Sehr empfehlenswert, bei einer wunderbaren Fülle von Anregungen für die Psychologische und die Mundan-Astrologie. Vor allem Liz Greenes astrologisch, psychologisch und historisch sehr fundierte Stimme der Vernunft, gegenüber Endzeit-Erwartungen und spektakuläre Planeten-Konstellationen, im Chor der Vortragsteilnehmer des Jahres 1980, sorgt für einen beträchtlichen Flashback: Seit wenigen Jahren predigen uns verschiedene VertreterInnen der Astro-Szene von den enormen, epochalen Veränderungen durch das berühmte Große Kreuz mit Uranus, Pluto und Saturn im Jahre 2010, welches schon hinter uns liegt.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Galen, Hippokrates u.a.: Der Krankheitsverlauf im Horoskop


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Mit dem Sammelband zu wichtigen Quellentexten zum Dekumbitur ist dem Verleger Reinhardt Stiehle gelungen, eine wichtige Lücke zu schließen. Denn das Dekumbitur - das Horoskop für den Augenblick, in dem sich der Erkrankte erstmalig niederlegt wg. der Erkrankung - bildete bis in die europäische Neuzeit den Grundstock vieler astromedizinischer Prognosen und Behandlungen. Und kaum ein ausgebildeter Arzt arbeitet ohne das Dekumbitur, wie man bis eben in die Neuzeit wesentlich Krankheiten nach der Humoralpathologie, nach der antiken Säftelehre (entlang den vier Elementen), behandelte, mit Diäten z. B. von kalten oder warmen Nahrungsmittel, trocken-kalten oder feucht-warmen.

Die Humoralpathologie wiederum wurde bereits seit der Spätantike mit der Astrologie, mit den humoralen Qualitäten der Tierkreiszeichen bzw. deren Elemente und der Planeten verbunden. Im Dekumbitur wurden nun die humoralen Ungleichgewichte abgebildet, die erkrankten Körperteile angezeigt sowie die Ursachen, externe oder interne, und aus dieser Erkenntnis die Diät erstellt und die Prognose über den Verlauf (via weiteren Mond-Lauf, -Geschwindigkeit, -Phase & -Aspektierung. )Und der Mond galt seit frühesten Zeiten als Herrscher und Anzeiger über die irdisch-körperlichen und gesundheitlichen Angelegenheiten.

Dieser Band enthält wichtige Texte zur Humoralpathologie, tradierte Texte z. B. der beiden großen spätantiken Ärzte Galen und Hippokrates bilden die Basis, und zur Dekumbitur-Erstellung und Deutung bzw. Prognose z. B. beim bekannten englischen Astrologen und noch heute wichtigen Astromediziner Culpeper aus dem 17. Jh. Eine astromedizinisch hochinteressante Zusammenstellung verstreuter Quellen, die ich allen astromedizinisch Lernenden sehr empfehlen kann und die durch Anmerkungen und Erläuterungen samt der Einleitung ausgezeichnet erschlossen wird.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Neugebauer / Van Hoesen: Greek Horoscopes


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Das 1959 erstmals veröffentliche und inzwischen mehrfach nachgedruckte Werk von Neugebauer / Van Hoesen ist bis heute die wichtigste wissenschaftliche Zusammenstellung überlieferter Horoskope der hellenistischen Spätantike bzw. von hellenistischen Horoskop-Daten. Die hier versammelten Horoskop-Daten samt Aszendent wurden in der Spätantike nicht in einer Grafik mit Positionen abgebildet, sondern praktisch ausnahmslos in (kleinen) Tabellen, Aufzählungen oder Texten. Überliefert wurden sie durch Textstellen in der astrologische Literatur verschiedener Autoren/Astrologen der hellenistischen Spätantike, besonders bei Vettius Valens' ANTHOLOGIA.

Wer sich mit der hellenistischen Astrologie bzw. Horoskope-Überlieferung beschäftigt und befassen möchte, kann sich mit GREEK HOROSCOPES den besten Überblick zu den bisher bekannten Horoskopen verschaffen. Alle Horoskop-Texte wurden transkribiert und übersetzt oder gleich übersetzt abgedruckt, samt Kommentar. Die aus den Horoskop-Daten generierten Horoskop-Grafiken befinden sich im Anhang. Die Sammlung wird natürlich von einem sorgfältigen wissenschaftlichen Apparat begleitet, der historische, astrologische, astronomische wie texteditorische Fragestellungen und Umstände beleuchtet.

Verschiedene Glossars lassen keine Fragen offen, die spätantiken Autoren der textlich, also literarisch überlieferten Horoskope finden eine wissenschaftliche Würdigung in Hinsicht ihres Anteils am Umfang der Horoskope-Sammlung und ihres Stellenwertes für die Astrologie-Geschichte der Spätantike.

Montag, 3. Oktober 2011

Vettius Valens: Blütensträusse


Direkt bei Astronova erhältlich

Wer war Vettius Valens, dessen Werk Anthologiai nun (2004) in die deutsche Sprache übertragen wurde? Der große Unbekannte der Astrologie-Geschichte der Antike, möchte man fast sagen. Sicherlich der unbekannteste - heutzutage wohlgemerkt - astrologische Autor von jenen fünf der hellenistischen Astrologie (Dorotheos von Sidon, Ptolemäus, Manilius, Vettius Valens und etwas später Firmicus Maternus), welche wesentlich - mehr oder weniger - die Grundlagen der spätantiken Astrologie zusammen gefasst haben. Von diesen fünf kann man ihn als erfahrensten Astrologen bezeichnen, wobei sonst nur noch Dorotheos selber als praktizierender Astrologe tätig gewesen war. Valens' Werk enthält entsprechend zahlreiche Horoskop-Beispiele, Ptolemäus' Werk z. B. gar keines. 

 
Sein Werk, in der Übersetzung "Blütensträuße" betitelt, öffnet den vermutlich tiefsten wie genauesten Einblick in die ausgeübte Astrologie um die und ab der Zeitenwende, zugleich einen Blick auf die recht breit und unverfälscht übernommenen, schon formulierten Hauptmerkmale der frühen Geburtshoroskopie. Valens macht z. B. Ausführungen zu den "Horoskop-Orten" - den Horoskop-Häusern - und den Tierkreiszeichen als Ganzes. Bei Manilius oder Ptolemäus sind die Zuschreibungen noch weitgehend von den analogen Sternbildern und ihren so genannten Abschnitten und den Sternbild-Fixsternen geprägt, die abschnittsweisen oder auch punktuellen Eigenschaften werden z. B. mit Venus-Saturn oder Mars-Sonne beschrieben. Selbst das so genannten Decumbitur - das Horoskop auf das erste Niederlegen wegen Krankheit des Erkrankten - erwähnt Valens, wir finden die Sekundärprogression und Transite beschrieben, die Lunationen oder die Profektion. Man erkennt daneben das Solar als Prognose-Methode und die Stundenastrologie bzw. Horoskope auf "Anfänge", die Katarchenhoroskope.


Bei Valens findet man weiter Angaben zu den Organ-Zuordnungen der Tierkreiszeichen, beeindruckend sind seine Ausführungen zu den Häuserableitungen, wie man sie aus der Stundenastrologie kennt (z. B. 11. Haus: Haus der Freunde, zugleich Haus der Ehe der Kinder, da die eigenen Kinder dem 5. Haus zugeordnet werden, die Ehepartner der Kinder entsprechend dem 7. Haus vom 5.). Valens bietet jedenfalls eine außerordentliche Fülle von Beschreibungen und Deutungen wie Zuordnungen, von Methoden und Horoskopfaktoren, Rechenwegen und Auslösungen. Und bei Fragen zur Ehe berücksichtigt sein Werk sowohl das 7. Haus die die Venus, ganz modern also.    


Spannend wird das Werk zudem aus der Perspektive, dass Valens wie Ptolemäus beide zur gleichen Zeit in Alexandria wirkten, Ptolemäus aber eben nur eine allgemeine wie ziemlich reduzierte Einführung in die Geburtshoroskop-Astrologie leistete, als Theoretiker. Die Tetrabiblos war auch nicht als Veröffentlichung und Lehrwerk konzipiert gewesen, sondern an einen Syrus adressiert und erst im 4. Jh. bekannt geworden. Valens liefert uns nun einen erheblich anderen Blick auf die AUSGEÜBTE, professionelle Astrologie, wenn man die theoretischen, wissenschaftsorientierten Ausführungen von Ptolemäus damit vergleicht.


Ein klassisches astrologisches Beispiel für die Unterschiede zwischen den beiden so verschiedenen Zeitgenossen zeigt sich in den Notizen beider zu den sogenannten befehlenden und hörenden Zeichen: Schreibt Ptolemäus von dem Zusammenhang mit der gleichen Distanz zum Punkt der Tagundnachtgleiche, 0° Widder, so dass Widder und die Fische ein Paar aus einem befehlenden und gehorchenden Zeichen bilden, dann führt Valens aus, dass Stier und Fische ein Paar aus einem befehlenden und gehorchenden Zeichen ergeben. Ohne den Bezug zur Tagundnachtgleiche, zu 0° Widder.


Die Blütensträuße verkörpern ein vielschichtiges, durchaus komplexes Werk auch manchmal widersprüchlicher Theorien und Überlieferungen hauptsächlich zur Geburtshoroskopie, in einer großen Dichte und teilweise merklicher "Unsortierheit". Eine Herausforderung für Astrologie-interessierte, denn die Übertragung ins Deutsche ist vor allem ein akademische, somit recht nah dem Ursprungstext und entsprechend weniger leicht zu verstehen. Leider wurde die Übersetzung ohne jede Anmerkung oder Fußnote zum Text selber und ohne ein Glossar zu astrologischen Begriffen veröffentlicht. Ein knappes Nachwort orientiert über die Textgeschichte, den Autor Valens und seine Quellen sowie Inhalt und Aufbau des Werkes.

Dennoch kann man sich nur glücklich schätzen, dass die Anthologiai ins Deutsche übertragen wurden.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Francesca Rochberg: Babylonian Horoskopes


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Die Arbeit von Francesca Rochberg, inzwischen Professorin in Berkley, Fakultät Near Eastern Studies, Frühgeschichte und Archäologie, veröffentlichte in diesem schmalen, hervorragenden Grundlagen-Band ein Verzeichnis, inzwischen ein Grundlagen-Werk, aller bisher bekannten babylonischen Keilschrift-"Horoskope". Jedes Keilschrift-Horoskop wird abgebildet, der Text transkribiert abgedruckt samt einer Übertragung ins Englische, ein Kommentar begleitet die Texte wie auch die astronomischen Daten aus den Texten nochmals separat aufgeführt werden.

In den einleitenden Kapiteln zur Horoskope-Sammlung finden sich Ausführungen zu Entstehung und Kontext der Keilschrift-Horoskope, zur Text-Edition sowie eine Abhandlung zu den Elementen der babylonischen so genannten Horoskope (Horoskope im heutigen Sinne gab es nicht, wie Rochberg klar stellt), sie skizzieren den Rahmen und die Grundlagen der Keilschrift-Horoskope auf sehr erhellenden, glänzend fundierten, kenntnisreichen Seiten. Ein Glossar rundet den Band ab, die Bibliographie verzeichnet vermutlich wirklich alle wichtigen wissenschaftlichen Arbeiten und Veröffentlichungen zur Geschichte der frühen Astrologie und Babylonischen Astrologie samt den spätantiken Astrologie-Autoren.

1998 bereits erschienen, gibt es bisher keine bessere Textedition wie dieser Band, wie auch die Einleitungs-Kapitel immer noch den Wissensstand schlechthin darstellen. Da bis heute immer wieder Astrologinnen von Geburts-Horoskopen im heutigen Sinne aus keilschriftlich-babylonischer und noch früherer Zeit sprechen - es gab und gibt sie nicht. Es hilft uns, den AstrologInnen, wenn wir die Ergebnisse der archäoastronomischen Wissenschafts-Forschungen kennen und aufnehmen.

Die Buchgestaltung und -Ausstattung ist, wie meist bei den gewöhnlichen amerikanischen Veröffentlichungen aus dem Wissenschaftssektor, eher schlicht gehalten.




Dienstag, 27. September 2011

Wolfgang Hübner: Raum, Zeit und soziales Rollenspiel der vier Kardinalpunkte in der antiken Katarchenhoroskopie


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Wolfgang Hübner, Professor der Klassischen Philologie, kann als bester deutschsprachiger akademischer Kenner der spätantiken Astrologie allgemein gelten. Er hat bereits mehrere größere Arbeiten zur spätantiken Astrologie publiziert, unter anderem Die Eigenschaften der Tierkreiszeichen in der Antike, seine Dissertation. Prof. Hübner hat daneben zahlreiche Artikel in verschiedenen Zeitschriften zur Einzelfragen aus dem Bereich der spätantiken Astrologie geschrieben, besonders die lateinische Astronomica/Astrologie des Römers Manilius aus dem 1. Jh. n. Chr., der auch ein großes Werk gewidmet ist.

Der etwas komplexe Titel RAUM, ZEIT UND SOZIALES...mag den Astrologie-Interessierten etwas irritieren, doch ist der Titel vor allem einem Forschungsprojekt geschuldet. Dahinter verbirgt sich eine höchstqualifizierte, komlexe und umfangreiche Untersuchung der Entstehung und Implentierung der so genannten Katarchenhoroskopie und ihrer Quellen, aus der sich modern die Stunden-, die Begegnungs- und die Elektionsastrologie entwickelt haben. Und vermutlich wurde auch die Astrologie der Geburts-Horoskope von der Katarchenhoroskopie mit gestaltet. 


Wie der Titel schon deutlich werden läßt, wurden die frühesten Katarchenhoroskope, auf den Beginn einer Handlung oder Aktion erstellt, nur über die VIER Achsen, die so genannten Kentra beantwortet, ein Verfahren, das teilweise noch heute in der Stundenastrologie bekannt ist.

Wolfgang Hübner referiert, untersucht & vergleicht die Elemente der Katarchenhoroskopie in den überkommenen Schriften von Dorotheos bis Theophil von Edessa, auch in Gemeinsamkeit und Unterscheidung zur den damaligen Elementen und Axiomen der Geburtshoroskopie. Zugleich werden systematisch die Bereiche der Katarchenastrologie notiert und untersucht, von Themen wie der Reise, über Krankheit bis hin Sklavenflucht.

Ein Anspruch, die vollständige Erfassung ALLER überlieferten, paraphrasierten oder kompilierten Fragmente und Arbeiten und Quellen jeder Art der Spätantike zu leisten, war nicht die Voraussetzung des Werkes. Man kann aber dennoch bemerken, dass W. Hübner dank seiner schon vorhandenen exzellenten fachlich-akademischen Kenntnisse und Arbeiten über die spätantike Astrologie eine weitgehende Übersicht gelungen ist, mit einer wohl nahezu lückenlosen Einsicht in die Quellenlage.

Spannend allemal sind seine Ausführungen zur Kentren-Lehre und ihrer Verwurzelung in der normalen Geburtshoroskop-Astrologie, so dass er substanzielle Vermutungen und Theorien formuliert, zur Bedeutung und Genese.

Donnerstag, 22. September 2011

Robert Powell & Lacquanna Paul: Kosmischer Tanz der Planeten. Vom kreativen Umgang mit den inneren Anteilen


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Der kosmische Tanz der Planeten, so der Titel, meint die mit und durch den Eurythmie-Tanz dargestellten kosmischen, numinosen und heiligen Energien der Planeten, hier zuerst der sieben klassischen Himmelskörper von Sonne bis Saturn. Wer nun an Rudolf Steiner und an die Anthroposophie erinnert wird, liegt auch richtig. Das Werk geht aber wesentlich weiter, denn der bedeutende Schwerpunkt liegt in einer umfassenden Darstellung und Deutung der Planeten von Sonne bis Saturn in Geschichte und Mythos, Kult und Medizin, Psychologie und Alltag, Materie und Astrologie bis hin zu alchemistischen Prozessen und Transformationen; zugleich werden die physikalischen Fakten von Größe bis Laufbahn der Planeten damit verknüpft und in erhellende Beziehungen dazu gesetzt.

Allen sieben klassischen Planeten werden also vielschichtige Monographie-Kapitel gewidmet, die auf einer dezenten Folie esoterischer und anthroposophischer Perspektiven und Bedeutungen verankert sind, welche ganz natürlich über unser aktuelles physisches Sonnensystem hinausgehen und auch kos-mologische Sichtweisen fruchtbringend wie verständlich darlegen. Die weitreichenden Kenntnisse, Erfahrungen und Einsichten der beiden Autoren Powell und Paul werden anhand der Monographie z. B. zum Mond beispielhaft sichtbar, in welcher die Autoren einen großen Bogen z. B. vom Mondknoten - als Teil der Mondrhytmen - über Sonnenfinsternisse bis zum Edelmetall Silber - samt seinen vielfältigen Beteiligungen - und die Pflanzzeiten spannen. Es gelingt ihnen hierbei nachhaltig, anschaulich und ausgezeichnet, die breite, vielschichtige und nicht nur astrologische Bedeutsamkeit des Mondes für das irdische, seelische und menschliche Leben im Bewusstsein des Lesers zu verankern.

Ganz unangestrengt und undogmatisch vermerken die Autoren nebenbei den Unterschied zwischen tropischem und siderischen Tierkreis, ohne sich jedoch darüber länger aufzuhalten. Allen Kapiteln zu Sonne, Mond und Planeten sind Zeichnungen und Anleitungen für den kosmischen und sakralen Tanz zur Verkörperung der Planetenqualitäten eingefügt, teilweise auch ergänzende, meditative Texte verschiedener Herkunft. Der Anhang des Werkes bietet z. B. eine Übersicht zu den Stufen der planetaren Evolution - einem esoterisch-anthroposophischen Konzept zur bisherigen und zukünftigen Entwicklung unseres Sonnensystems -, sowie für Musik und Gedichte zu den sieben Planeten" an, notiert das Galaktische Zentrum und die Planetentöne, auf einigen Seiten werden gerafft nochmals die Entsprechungen zu den Planeten fixiert.

Man bemerkt wohltuend den Hintergrund, dass Robert Powell eine Doktorarbeit über die Geschichte des Tierkreises geschrieben hat und sich zugleich seit vielen Jahren als Autor, Vortragsredner, Eurythmist und Bewegungstherapeut betätigt; seine breiten seelischen, mentalen und intellektuellen wie auch seine Lebens-Erfahrungen sind in das Werk spürbar eingeflossen im Zusammenwirken mit Lacquanna Paul.
(Erstveröffentlichung in der astrologischen Zeitschrift MERIDIAN, Ausgabe Januar/Februar 2010)

Mittwoch, 21. September 2011

James H. Holden: A history of horoskopic astrology

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James Herschel Holden, im deutschsprachigen Raum verständlicherweise weniger bekannt, Research Direktor der American Federation of Astrologers, seit 1982, legt bereits mit der Erstauflage 1996 ein notwendiges und umfassend recherchiertes Werk zur Geschichte der Horoskop-Astrologie vor. Diese ist nicht identisch mit der allgemeinen Astrologie-Geschichte, die lange Jahrhunderte und Jahrtausende ohne das uns heute selbverständliche Horoskop bzw. die Horoskop-Grafik ausgekommen ist.

Die zweite überarbeitet Auflage von 2006 hat alle weiteren Kenntniszuwächse vorallem aus der akademischen Forschungsarbeit zur Frühgeschichte der Astrologie eingearbeitet, fast alle Standard-Werke finden sich in der Bibliographie wieder.

Doch kommen wir zum Werk selber zurück. Zurecht trägt es den Titel, denn die Astrologiegeschichte ist eben nicht identisch mit der der Horoskop-Astrologie und ihrer Geschichte und Überlieferung. Der Schwerpunkt liegt konsequent in dieser Perspektive und mit Holden wird der Sprung deutlich, den die Astrologie von den Frühformen in Babylon und Ägypten mit Fixsternen und Tagesständen, teilweise Stundenständen der Planeten, aber OHNE Horoskop-Figur, vollzogen hatte.
Erst der spätantike Hellenismus ab etwa dem 4./3. Jh. v. Chr. konnte die mathematischen und philosophischen Grundlagen für die Erstellung von Geburtshoroskopen liefern und damit für die heute so bekannte und verbreitete Geburtshoroskop-Astrologie. Die babylonischen so genannten Horoskope sind schlicht keine, wie Holden verdeutlicht, zurecht, wie andere Standartwerke inzwischen ebenso belegen.
Holden jedenfalls verfolgt die Spur der Horoskop-Astrologie von den frühen Anfängen ohne Horoskop durch die Genese im Hellenismus kenntnisreich, profiliert und lesenwert. Die Veränderungen durch die arabisch-indische Rezeption der Hellenistischen Grundlagen, ab z. T. dem 3. Jh. nach Chr., notiert er gründlich und verständlich und referiert die wichtigen Arabisch sprachigen Astrologen ab dem 8. Jh., um den Übergang vom maurischen Spanien ins europäische Mittelalter darzustellen, anhand jeweils vorallem der bekannten Astrologen.

Seine Darstellungen widmen der europäischen frühen Neuzeit ab etwa 1500 einen breiten und fundierten Raum und münden in einem umfassenden Übergang in die Moderne und kurzen, hervorragenden Abrissen zu einzelnen Ländern, Schwerpunkt Europa, Nordamerika, und den dortigen wichtigen Astrologen des 20. Jh.
Anhand allein schon des Anmerkungsapparates und der referierten Literatur werden die hervorragenden Kenntnisse Holdens deutlich. Besonders widmet er sich, knapp und konzentriert, bis in Details der Entstehung und Überlieferung, und Wandlung, der Horoskop-Elemente wie dem Glückspunkt, den Würden und der damals verbreiteten astrologischen Literatur. Vielfach zitiert er längere, zentrale Abschnitte aus den Werken, seit Beginn der frühesten heute erfassbaren Werke, zu denen man so kaum irgendwo Zugang hat.
Ein kleines Manko ist die etwas einfache Ausstattung und Gestaltung, typisch preisgünstiges US-Produkt, so dass das Inhaltsverzeichnis, Bibliographie wie der Index etwas schlicht/wenig strukturiert geraten sind in Aufmachung und Gestaltung, das Buch vorallem durch eher wenig gegliederten Text geprägt wird, äußerlich.

Rafael Gil Brand: Lehrbuch der klassischen Astrologie



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Was sich hinter dem nüchternen Titel LEHRBUCH DER KLASSISCHEN ASTROLOGIE des Autors Rafael Gil Brand verbirgt, kann man als Standart-Werk bezeichnen im Bereich der antiken und spätantiken Geschichte der westlichen Astrologie. Daneben stellt das Werk von Gil Brand tatsächlich seit Jahren das fundierteste deutschsprachige Lehrbuch zur klassischen Astrologie dar.

Gil Brand bietet eine ausgesprochen fundierte, ausgezeichnet belegte, aufgebaute und mit hervoragender, umfassender Quellenkenntnis geschriebene Abhandlung zu den klassischen Quellen, Wurzeln, Deutungsfaktoren der klassischen Astrologie. Sie umfasst entsprechend die Einflüße und Entwicklungen des alten Ägypten, Mesopotamiens, des spätantiken Griechenland und des späteren arabisch-islamischen Reiches des Mittelalters.

Der Autor Gil Brand, Astrologe und Psychologe, hatte dabei in den 80er Jahren, in Spanien aufgewachsen, hochmittelalterliche astrologische Werke aus dem Altkastilischen zusammen mit einer Gruppe spanischer Astrologen übersetzt.
Wir erinnern uns: Ein Großteil der astrologischen Werke der Spätantike wurde über das islamische Spanien, vielfach aus dem Arabischen, mit Hilfe auch sephardischer Juden, z. B. im dafür berühmten Toledo, erstmals in eine europäische Sprache übersetzt, hier altkastilisch. Dadurch gewann der Autor offenkundig einen umfassenden Einblick, den er, wie man im Buch leicht erkennen kann, mit diversen weiteren Studien auf akademischen Niveau weiter vertieft und abrundet.

Wer Gil Brand gelesen hat, kann sich darauf verlassen, einer Studie und Einführung zur Klassischen Astrologie begegnet zu sein, die weitgehend auf der Höhe der Zeit und der möglichen Kenntnisse steht, weitere Projekte zur klassischen Astrologie in anderen Ländern nennt und berücksichtigt, und tatsächlich die antiken und spätantiken Quellen der westlichen, abendländischen Astrologie - bis auf wenige Fälle der hellenistischen Spätzeit - kennt.

Montag, 19. September 2011

Hamaker-Zondag: Die äußeren Planeten in neuer Sicht


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Gibt es neue Perspektiven auf die äußeren Planeten Uranus, Neptun und Pluto? Hamaker-Zondags Werk legt eine Bejahung aus gutem Grund nahe. Der lesenswerte Einstieg über die Umstände der Entdeckung der äußeren Planeten, so eher selten gesehen, führt rasch zu weitgefassten Wirkungsskizzen der drei Planeten, die Hamaker-Zondags vielschichtigen Erfahrungen und Kenntnisse gleich verdeutlichen.

Die neue Perspektive verbindet die äußeren Planeten mit persönlichen außergewöhnlichen Wahrnehmungen und seelischen Zuständen. In den ausführlich besprochene Fallbeispielen werden Lebensläufe angeführt, in denen Native Geistern, unsichtbaren Freunden, außerkörperlichen Erfahrungen, der Lichtnahrung, psychedelischen, psychotischen, wahrtraumhaften Wahrnehmungen, schamanischen Zuständen, ekstatischen Erlebnissen und Kundalini-Erfahrungen begegnen. Jasmusheen und die zurzeit der Buchabfassung 1999/2000 so populäre Lichtnahrung wurden zwischenzeitlich entmystifiziert, dieses Fallbeispiel zeigt vor allem die bekannte täuschende Wirkung von Neptun, wie man schön nachvollziehen kann.

Immer verbunden werden die Fallbeispiele mit den Transiten und Direktionen unter besonderer Berücksichtigung nichtaspektierter Planeten (bei zwei Fallbeispielen finden sich allerdings durchaus große Aspekte bei angeblich unaspektierten Planeten) und der Yod-Figur.
Hamaker-Zondag schafft es auf mühelose Art, ihren eigenen weiten Erfahrungs- und Wissenshorizont einzubringen und andererseits viele angeführte Phänomene als solche erst mal stehen zu lassen und in eine gleichermaßen, für sie typische, ereignis- wie auch psychologisch orientierte Deutung einzubinden. Hamker-Zondags Synthese von Ereignisorientierung und (tiefen-) psychologischer Deutung ist beispielhaft und zugleich Modell.

Ihre Ansicht, dass die Wirkungs-Vielfalt und -Breite der äußeren Planeten, aufgrund der historisch kurzen Zeit seit ihrer Entdeckung, noch gar nicht umfassend erfahren und begriffen sein kann, teile ich. Mit diesem Werk hat sie mögliche weitere Wirkungen, für die man sonst evt. Kleinstplaneten und andere neue reale und hypothetische Himmelskörper heranzieht, jenseits des Schlagwortes der kollektiven", geistigen Planeten" sorgfältig untersucht und plausibel den äußeren Planeten zugeordnet.

Sonntag, 18. September 2011

Renzo Baldini: Die Arabischen Punkte - ihre Anwendung in der modernern Astrologie



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Die sogenannten Arabischen Punkte, wozu z. B. der bekannte Glückspunkt zählt, finden im Werk des italienischen Astrologen und Autor Renzo Baldini eine sorgfältige und umsichtige Behandlung und Deutung. Der Übersetzer Christoph Schubert-Weller gab dem Werk eine ausführliche und sehr anregende Einleitung.

Baldini selber führt nochmals in die Herkunft und Berechnung der Arabischen Punkte ein und legt gut begründet dar, warum er sich gegen eine Berechnung je nach Tag- oder Nachtgeburt entschieden hat (er nutzt den Rechenweg für Taggeburten). Dem folgen die Kriterien für die Deutung der Arabischen Punkte - einerseits in Verbindung mit den Planeten, andererseits entlang der Lebens-bereiche der 12 Horoskophäuser - und dann auch schon ausführlich die Qualitäten der verschiedenen und zahlreichen Punkte selber, verbunden mit einer psychologischen wie auch ereignisorientierten Deutung. So richtig greifbar und anschaulich werden die Qualitäten und die Bedeutung der Arabischen Punkte in der Deutung von Geburtsbildern bekannter Persönlichkeiten, verbunden mit wesentlichen Lebensereignissen, ein Bereich, der im Buch zurecht einen großen Raum einnimmt. Im Anhang befinden sich hilfreiche Listen der Arabischen Punkte z. B. des arabischen Astrologen Abu Ma'shar.

Man merkt dem Autor wohltuend an, dass er zugleich klassisch orientierter und arbeitender Astrologe ist, mit entsprechend präzisen, mehr kontrastiven Deutungen und Prognosen, anderer-seits offenkundig eine vitale Verbindung zur psychologischen Astrologie und Deutung eingegangen ist. Baldini ermahnt immer wieder, nie die Arabischen Punkte isoliert vom Restradix zu deuten, methodisch sowieso nicht, und auch nicht in eine schicksalshafte Haltung zu verfallen. Innovativ (mittelalterliche Anwendungen herausgreifend) und aussagekräftig wirkt sein Vorgehen, in den Solaren die Arabischen Punkte zu deuten, verbunden natürlich immer mit dem Geburtshoroskop via Synastrie etc. Hier kann er bemerkenswerte Belege für diese Vorgehensweise anbieten, wie man anhand seiner gut ausgewählten Beispiele leicht nachvollziehen kann. Ob die dabei verwendeten Orben evtl. etwas zu großzügig bemessen sind, ist eine Überlegung wert, die nicht davon abzu-halten braucht, Baldinis Anwendung selber zu testen.

Lesenswert sind seine Ausführungen zu den, wie er es nennt, planetaren Einrahmungen der Arabischen Punkte: Speziell Glücks- und Sonnenpunkt bewegen" sich in seinem Konzept gegen bzw. mit dem Uhrzeigersinn durchs Geburts-horoskop, so dass sie sich jeweils von einem Planeten entfernen und gleichzeitig auf einen anderen hin-zulaufen, von einer Vergangenheit /Herkunft zu einer zukünftigen Aufgabe/Qualität. Eingebunden wird die Deutung, anhand von Persön-lichkeiten wie z. B. Papst Benedikt oder Sri Autobindo, in eine feinfühlige spirituelle Lebensweg- und Entwicklungsphilosophie und -psychologie, die die Einflüsse von Assagioli und Dane Rudhyar auf Baldini sichtbar machen und zugleich den Blick öffnen für eine moderne und vielschichtigere Betrachtung speziell von Glücks- und Sonnenpunkt. An dieser Stelle möchte man nochmals an Baldinis Mahnung erinnern, die Deutung der Arabischen Punkte immer mit den Qualitäten und Anlagen des Geburtshoroskopes zu verbinden. Isoliert können sie, nach Baldini, nicht bewirken, was nicht im Geburtshoroskop deutlich verankert ist, was z. B. die Bedeutung des Punktes für Kunst betrifft.

Die Einleitung von Schubert-Weller und Baldini beleuchtet wichtige Gesichtspunkte zur Herkunft der Tradition und An-wendung und zu Berechnungsmöglichkeiten der AP. Sie vermittelt profunde Kenntnisse, die andererseits für die so eindeutig und weitreichend formulierten Schlussfolgerungen doch nicht ganz ausreichen. Das reicht vom Glauben, die Lospunkte hätten ihren Ursprung bei zu divinatorischen Zwecken genutzten Lossteinen via Stundenastrologie - dafür gibt es wenige plausible literarische oder wissenschaftliche Grundlagen - bis hin zur unvollständigen Rezeption der frühen überlieferten, spätantiken hellenistischen Au-toren Dorotheos, Vettius Valens, Ptolemäus und Firmicus Maternus bei Baldini selber wie durch Schubert-Weller.
Somit stellt Baldinis Werk zu den Arabischen Punkten eine sehr gelungene Synthese dar zwischen klassischen, ereignisorientierten Deutungen und tieferen modernen psychologischen sowie spirituellen Perspektiven.
(Erstveröffentlichung in der astrologischen Zeitschrift Meridian, Ausgabe Nov./Dezember 2009)

Freitag, 16. September 2011

R. Ebertin & G. Hoffmann: Die Bedeutung der Fixsterne


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Schon ein paar Jahre alt, bietet sich die Veröffentlichung von Reinhold Ebertin und Georg Hoffmann nach wie vor sehr gut an für eine konzentrierte Einführung in die sinnvollerweise auf rund 70 wichtigste Fixsterne beschränkte astrologischen Deutung in Horoskopen.

Sehr angenehm fällt die Abfolge der Fixsterne nicht nach ihrem Namen, sondern entlang der Tierkreiszeichen-Ordnung auf, stetig fortschreitend zu den höheren Graden.
Ebertin und Hoffmann referieren dabei keineswegs einfach nur die antiken oder alten Quellen, sondern schöpfen auch aus der eigenen Erfahrung und korrigieren ggf. die überlieferten Wirkungen jeweils entlang der vieljährigen astrologischen Praxis.
Bei manchen Fixsternen mag die Deutung für postmoderne Begriffe vielleicht etwas zu ereignisorientiert wirken oder zu schematisch, es lohnt sich aber dennoch, sich mit diesen Zuschreibungen auseinander zu setzen und sie ggf. selbst nochmals zu überprüfen.

Als Wirkungsbeispiele der einzelnen Fixstern werden die Fixsternkonjunktionen mit Geburts-Planeten oder den Achsen-Spitzen eines Geburtshoroskopes anhand verschiedenster Nativer skizziert, so dass man ein praktischen und greifbaren Eindruck bekommt von evtl. Zusammenhängen von Geburtskonstellationen und Fixsternen im Leben des Einzelnen.
Nützliche Tabellen schließen das Buch ab, u. a. mit Angaben zur Deklination (Abstand Himmeläquator) und Breite (Ekliptik-Abstand) der Fixsterne, zwei Größen, die es besonders für Anfänger der Fixstern-Astrologie zu unterscheiden gilt, wie auch die Autoren sie differenzierend gelegentlich berücksichtigen.

Donnerstag, 15. September 2011

Peter Orban: Zeit im Horoskop. Auslösung, Solare, Transite


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ZEIT IM HOROSKOP, seit einigen Jahren bereits erschienen und im Handel immer noch erhältlich, ist ein typischer Orban-Titel, in dem die Themen, hier die Solare, die Transite und die Rhythmischen Auslösungen, in leitbild- wie bildhaften Aussagen systematisch vorgestellt, aufbereitet und verdichtet werden, unter Auslassung der meisten Schnörkel oder Differenzierungen. Eingänglich formuliert, bietet das Werk eine anschauliche Vorgehensweise zur sozusagen ganzheitlichen Deutung aktueller Zeitqualitäten auf ein (Geburts-)Horoskop bezogen, denn seine Horoskopbeispiele werden immer komplett mit den drei Zeitdarstellungen durchdekliniert und so die verschiedenen Ereignis- und Deutungsebenen zumindest im Buch zu einem einzigen ganzen Überblick, zu einer Deutung zusammen gefügt.

Tatsächlich schreibt Orban weniger in der Perspektive äusserer Ereignisse, eher in der Sicht der anstehenden inneren korrespondierenen - oder eigentlich dominierenden notwendigen - Entwicklungen, Reifeprozessen und Entfaltungen - oder auch Verdrängungen und Projektionen, die Orban öfter beschäftigen.
Anschaulich mit Grafiken und Abbildungen versehen, sind die drei Zeitqualität-Darstellungen gut versteh- und nachvollziehbar. Die behandelte Rhythmische Auslösung betrifft jene im Uhrzeigersinn, die sogenannte Schicksalsauslösung, in alter Döbereiner-Diktion.

Eine knappe und konzentrierte, didaktisch sehr gut aufbereitete, gut les- wie verstehbare Einführung in die drei Zeitqualitäts-Techniken Auslösung, Solare und Transite, geprägt von der Orbanschen Neigung, sich Leitbilder zu Hilfe zu nehmen, sich manchmal in speziellen Focusierungen zu vertiefen. Pluto in 8 am Werke.