Sonntag, 18. September 2011

Renzo Baldini: Die Arabischen Punkte - ihre Anwendung in der modernern Astrologie



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Die sogenannten Arabischen Punkte, wozu z. B. der bekannte Glückspunkt zählt, finden im Werk des italienischen Astrologen und Autor Renzo Baldini eine sorgfältige und umsichtige Behandlung und Deutung. Der Übersetzer Christoph Schubert-Weller gab dem Werk eine ausführliche und sehr anregende Einleitung.

Baldini selber führt nochmals in die Herkunft und Berechnung der Arabischen Punkte ein und legt gut begründet dar, warum er sich gegen eine Berechnung je nach Tag- oder Nachtgeburt entschieden hat (er nutzt den Rechenweg für Taggeburten). Dem folgen die Kriterien für die Deutung der Arabischen Punkte - einerseits in Verbindung mit den Planeten, andererseits entlang der Lebens-bereiche der 12 Horoskophäuser - und dann auch schon ausführlich die Qualitäten der verschiedenen und zahlreichen Punkte selber, verbunden mit einer psychologischen wie auch ereignisorientierten Deutung. So richtig greifbar und anschaulich werden die Qualitäten und die Bedeutung der Arabischen Punkte in der Deutung von Geburtsbildern bekannter Persönlichkeiten, verbunden mit wesentlichen Lebensereignissen, ein Bereich, der im Buch zurecht einen großen Raum einnimmt. Im Anhang befinden sich hilfreiche Listen der Arabischen Punkte z. B. des arabischen Astrologen Abu Ma'shar.

Man merkt dem Autor wohltuend an, dass er zugleich klassisch orientierter und arbeitender Astrologe ist, mit entsprechend präzisen, mehr kontrastiven Deutungen und Prognosen, anderer-seits offenkundig eine vitale Verbindung zur psychologischen Astrologie und Deutung eingegangen ist. Baldini ermahnt immer wieder, nie die Arabischen Punkte isoliert vom Restradix zu deuten, methodisch sowieso nicht, und auch nicht in eine schicksalshafte Haltung zu verfallen. Innovativ (mittelalterliche Anwendungen herausgreifend) und aussagekräftig wirkt sein Vorgehen, in den Solaren die Arabischen Punkte zu deuten, verbunden natürlich immer mit dem Geburtshoroskop via Synastrie etc. Hier kann er bemerkenswerte Belege für diese Vorgehensweise anbieten, wie man anhand seiner gut ausgewählten Beispiele leicht nachvollziehen kann. Ob die dabei verwendeten Orben evtl. etwas zu großzügig bemessen sind, ist eine Überlegung wert, die nicht davon abzu-halten braucht, Baldinis Anwendung selber zu testen.

Lesenswert sind seine Ausführungen zu den, wie er es nennt, planetaren Einrahmungen der Arabischen Punkte: Speziell Glücks- und Sonnenpunkt bewegen" sich in seinem Konzept gegen bzw. mit dem Uhrzeigersinn durchs Geburts-horoskop, so dass sie sich jeweils von einem Planeten entfernen und gleichzeitig auf einen anderen hin-zulaufen, von einer Vergangenheit /Herkunft zu einer zukünftigen Aufgabe/Qualität. Eingebunden wird die Deutung, anhand von Persön-lichkeiten wie z. B. Papst Benedikt oder Sri Autobindo, in eine feinfühlige spirituelle Lebensweg- und Entwicklungsphilosophie und -psychologie, die die Einflüsse von Assagioli und Dane Rudhyar auf Baldini sichtbar machen und zugleich den Blick öffnen für eine moderne und vielschichtigere Betrachtung speziell von Glücks- und Sonnenpunkt. An dieser Stelle möchte man nochmals an Baldinis Mahnung erinnern, die Deutung der Arabischen Punkte immer mit den Qualitäten und Anlagen des Geburtshoroskopes zu verbinden. Isoliert können sie, nach Baldini, nicht bewirken, was nicht im Geburtshoroskop deutlich verankert ist, was z. B. die Bedeutung des Punktes für Kunst betrifft.

Die Einleitung von Schubert-Weller und Baldini beleuchtet wichtige Gesichtspunkte zur Herkunft der Tradition und An-wendung und zu Berechnungsmöglichkeiten der AP. Sie vermittelt profunde Kenntnisse, die andererseits für die so eindeutig und weitreichend formulierten Schlussfolgerungen doch nicht ganz ausreichen. Das reicht vom Glauben, die Lospunkte hätten ihren Ursprung bei zu divinatorischen Zwecken genutzten Lossteinen via Stundenastrologie - dafür gibt es wenige plausible literarische oder wissenschaftliche Grundlagen - bis hin zur unvollständigen Rezeption der frühen überlieferten, spätantiken hellenistischen Au-toren Dorotheos, Vettius Valens, Ptolemäus und Firmicus Maternus bei Baldini selber wie durch Schubert-Weller.
Somit stellt Baldinis Werk zu den Arabischen Punkten eine sehr gelungene Synthese dar zwischen klassischen, ereignisorientierten Deutungen und tieferen modernen psychologischen sowie spirituellen Perspektiven.
(Erstveröffentlichung in der astrologischen Zeitschrift Meridian, Ausgabe Nov./Dezember 2009)