Freitag, 14. Oktober 2011

Liz Greene: Jenseits von Saturn


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Nach rund 30 Jahren können astrologische Werke ziemlich veraltet wirken. Drei Jahrzehnte später merkt man meist deutlich den zwischenzeitlichen Abstand vom damaligen Zeitgeist und Horizont. Oft wirken schon die Sichtweisen auf viele Dinge altbacken, düster oder auch viel zu optimistisch. Liz Greene wagte 2005 die Neuauflage von „Jenseits von Saturn. Die äußeren Planeten und ihre Zyklen“, einem Werk, in dem Vorträge von 1980 im Jahre 1983 veröffentlicht wurden. 2009, weitere Jahre später, wurde die Neuauflage endlich auch in deutscher Sprache auf den Markt gebracht.

Der Mut hat sich gelohnt, wenn auch manches überholt wirkt, wie Liz Greene selbst im Vorwort der Neuauflage nüchtern bemerkt. Der Großteil der Deutungen und Aussagen hat jedoch seine Gültigkeit und Frische bewahrt, wie man bald erkennt. Und dies zeichnet ein klassisches, grundlegendes Werk - jenseits allzu großer Nähe zum Zeitgeist - aus. Für die Neuauflage wurden - wo notwendig - zahlreiche Anmerkungen, Deutungen und Horoskop-Korrekturen hinzugefügt. Zwei zusätzliche, astrologische Texte, aus den Jahren 2000 und 2001, wurden angehängt. Ein sehr erhellender, zu den Aspekten zwischen den Generationen, z. B. einer Familie. So führt etwa der Geburts-Uranus der Tochter im Quadrat zum Mond der Mutter zu einer Konfrontation der Mutter, mit den kollektiven Kräften einer ganzen Generation. Jenseits der sonstigen, individuellen Herausforderungen mit der Tochter. Und ein weiterer Text deutet den Pluto-Chiron-Zyklus, was jedoch nicht ganz so nützlich und überzeugend wirkt.

Zwischen diesen Anhängen und dem Vorwort gibt es einige astrologische Glanzpunkte: Die Einführung zu den äußeren Planeten im ersten Kapitel – Uranus, Neptun und Pluto – hat weitestgehend ihre inhaltliche Stimmigkeit behalten. Bemerkenswert sind allemal die mehrheitlich sehr pessimistischen Zukunftseinschätzungen der Vortragsteilnehmer, die vielfach auf Deutungen zu bestimmten, gravierenden Konstellationen in den 1980er und 1990er Jahren beruhten. Von ihnen setzte sich Liz Greene spürbar ab, ihre Vorsicht und Skepsis gegenüber allen Endzeit- und Weltkriegs-Visionen der damaligen Zeit kann man als Zeugnis ihrer ausgeprägten Unabhängigkeit, Realitätsnähe und astrologischen Urteilsfähigkeit betrachten.

In den beiden folgenden Kapiteln werden einerseits verschiedene Deutungen, z. B. zum Waage-Pluto, zur Entdeckung der äußeren Planeten sowie Chiron – hier in Verbindung mit der Alternativmedizin – und einiger persönlicher Planeten, wie Sonne oder Saturn im Aspekt mit den äußeren Planeten geboten. Andererseits werden mit den Horoskopen berühmter Persönlichkeiten die Wirkungen einiger Konstellationen plastisch und nachvollziehbar vorgestellt. Ob Uranus-Neptun (Marx), Sonne-Uranus (Freud, Jung) oder Uranus-Pluto, zuletzt in den 1960er Jahren.
Das mundan wie kollektiv, astrologische Highlight des Buches versammelt sich aber im Abschnitt zur Uranus-Neptun-Konjunktion und der damaligen UdSSR. Mit Erstaunen verfolgt man Greenes detailliert entwickelten und zutreffenden Deutungen zur Zukunft der Sowjetunion, anhand des Gründungshoroskops. Auch, wie sie die sogenannte "Große Konjunktion" von Saturn und Jupiter sowohl in die kollektiven Archetypen übersetzt und zugleich mundanastrologisch zutreffende Prognosen formuliert, ist anregend wie verblüffend. Ebenso ihre Ausführungen zu den äußeren Planeten im täglichen Leben oder im Zusammenhang mit den Elementen.

Der letzte Abschnitt widmet sich den sogenannten "Astrologischen Zeitaltern", wie dem Fische- oder Wassermann-Zeitalter. Ihre vorsichtige, realitätsnahe Skepsis gegen allzu große, globale Entwürfe der Zukunft – ob optimistisch oder pessimistisch – entwickelt aber doch substanzielle Deutungen für mögliche Entwicklungen. Wie so oft mit geschichtlichen und mythischen Ausflügen und Verknüpfungen.
In allen Abschnitten finden sich immer wieder sehr bereichernde Deutungen von Staatshoroskopen, die das Verständnis beträchtlich vertiefen. Greenes, von den Archetypen und Mythen geprägte Psychologische Astrologie, vermag es ausgezeichnet, uns die grundlegenden, seelischen Erfahrungen, Triebkräfte und Qualitäten eines Staates, einer Staatsbevölkerung, eines Kollektivs, darzulegen. Ungemein aufschlussreich ist z. B. die Deutung des Staatshoroskop der USA, das man so bisher wohl selten betrachtet hat.

Meine persönliche Bilanz: Sehr empfehlenswert, bei einer wunderbaren Fülle von Anregungen für die Psychologische und die Mundan-Astrologie. Vor allem Liz Greenes astrologisch, psychologisch und historisch sehr fundierte Stimme der Vernunft, gegenüber Endzeit-Erwartungen und spektakuläre Planeten-Konstellationen, im Chor der Vortragsteilnehmer des Jahres 1980, sorgt für einen beträchtlichen Flashback: Seit wenigen Jahren predigen uns verschiedene VertreterInnen der Astro-Szene von den enormen, epochalen Veränderungen durch das berühmte Große Kreuz mit Uranus, Pluto und Saturn im Jahre 2010, welches schon hinter uns liegt.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Galen, Hippokrates u.a.: Der Krankheitsverlauf im Horoskop


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Mit dem Sammelband zu wichtigen Quellentexten zum Dekumbitur ist dem Verleger Reinhardt Stiehle gelungen, eine wichtige Lücke zu schließen. Denn das Dekumbitur - das Horoskop für den Augenblick, in dem sich der Erkrankte erstmalig niederlegt wg. der Erkrankung - bildete bis in die europäische Neuzeit den Grundstock vieler astromedizinischer Prognosen und Behandlungen. Und kaum ein ausgebildeter Arzt arbeitet ohne das Dekumbitur, wie man bis eben in die Neuzeit wesentlich Krankheiten nach der Humoralpathologie, nach der antiken Säftelehre (entlang den vier Elementen), behandelte, mit Diäten z. B. von kalten oder warmen Nahrungsmittel, trocken-kalten oder feucht-warmen.

Die Humoralpathologie wiederum wurde bereits seit der Spätantike mit der Astrologie, mit den humoralen Qualitäten der Tierkreiszeichen bzw. deren Elemente und der Planeten verbunden. Im Dekumbitur wurden nun die humoralen Ungleichgewichte abgebildet, die erkrankten Körperteile angezeigt sowie die Ursachen, externe oder interne, und aus dieser Erkenntnis die Diät erstellt und die Prognose über den Verlauf (via weiteren Mond-Lauf, -Geschwindigkeit, -Phase & -Aspektierung. )Und der Mond galt seit frühesten Zeiten als Herrscher und Anzeiger über die irdisch-körperlichen und gesundheitlichen Angelegenheiten.

Dieser Band enthält wichtige Texte zur Humoralpathologie, tradierte Texte z. B. der beiden großen spätantiken Ärzte Galen und Hippokrates bilden die Basis, und zur Dekumbitur-Erstellung und Deutung bzw. Prognose z. B. beim bekannten englischen Astrologen und noch heute wichtigen Astromediziner Culpeper aus dem 17. Jh. Eine astromedizinisch hochinteressante Zusammenstellung verstreuter Quellen, die ich allen astromedizinisch Lernenden sehr empfehlen kann und die durch Anmerkungen und Erläuterungen samt der Einleitung ausgezeichnet erschlossen wird.